Wenn dein Baby im Schlaf zuckt, murmelt oder sein Gesicht verzieht, fragst du dich vielleicht: Träumt es? Und wenn ja – wovon?
Träume sind ein faszinierender Teil der kindlichen Entwicklung. Sie zeigen, wie aktiv das Gehirn auch im Schlaf ist – besonders im frühen Leben.

Was passiert beim Träumen überhaupt?
Träume entstehen vor allem im REM‑Schlaf (Rapid Eye Movement). Das ist die Phase, in der unser Gehirn besonders aktiv ist, während der Körper stillliegt. Auch wenn wir tief schlafen, arbeiten die Nervenzellen auf Hochtouren.
Bei Erwachsenen sortieren wir in dieser Zeit Erlebnisse, verarbeiten Emotionen und finden kreative Lösungen. Aber wie ist das bei Babys, die kaum Erlebnisse oder Sprache haben?
REM‑Schlaf schon vor der Geburt
Bereits ab der 28. Schwangerschaftswoche zeigt der Fötus schnelle Augenbewegungen – wir sprechen von REM‑Schlaf. In dieser Zeit gibt es wenig bis keine direkten Wachphasen. Das Baby befindet sich fast durchgehend im REM‑Schlaf. Nach der Geburt haben Neugeborene ebenfalls viele REM‑Phasen, kaum Tiefschlaf. Das liegt an ihrer Physiologie: Im Leichtschlaf wächst das Gehirn besonders stark.
Neugierig, wie du den Schlaf deines Babys gezielt unterstützen kannst? Entdecke meine Tipps und Beratungsangebote auf meiner Beratungsseite.
Träumen im ersten Lebensjahr: Mehr Aktivität als Inhalt
Im ersten Jahr ist das Gehirn damit beschäftigt, Basisreize zu verarbeiten: Hunger, Berührung, Stimmen, Helligkeit. Ob und wie Babys wirklich träumen, können wir nicht direkt messen – sie können es uns nicht erzählen. Die „Trauminhalte“ sind vermutlich eher rein sensorisch: ein Flattern, ein Ton, ein Wärmegefühl.
Das Träumen in dieser Zeit ist also kein „Film“, sondern eher ein inneres Training für das Nervensystem.
Der Traumforscher David Foulkes zeigte in seiner Arbeit, dass Kinder erst im Laufe der Sprachentwicklung beginnen, Träume bewusst zu erleben und zu berichten. Seine Studien belegen: Vor dem dritten Lebensjahr fehlen oft die Mittel, das Traumgeschehen in Worte zu fassen – nicht aber die neuronale Aktivität dahinter.
Ab wann träumen Kinder „richtig“?
Mit etwa zwei Jahren entwickelt sich das Vorstellungsvermögen weiter. Kinder beginnen, einfache Geschichten nachzuspielen oder zu erzählen. In dieser Phase werden ihre Träume schon lebhafter.
Zusätzlich verändert sich die Schlafstruktur: Die Anteile von Tief‑ und Leichtschlaf gleichen sich langsam an. Mehr dazu in meinem Blogartikel zur Schlafphasen im Überblick.
Erst ab etwa drei Jahren können viele Kinder erste Traumerlebnisse beschreiben. Die Geschichten sind dann oft bunt, kurz und manchmal unlogisch – zum Beispiel: Tiere sprechen, Mama fliegt oder das Lieblingsspielzeug läuft davon.
Albträume und Nachtschreck
Wenn dein Kind nachts weinend ruft und sagt: „Ich hab was Böses geträumt!“, startet oft ein neuer Entwicklungsschritt. Albträume zeigen, dass das Kind Fantasie und Alltagserlebtes verbindet.
Bei manchen Kindern tritt zudem der Nachtschreck (Pavor nocturnus) auf. Dabei schrecken sie hoch, sind panisch, können aber meist nicht sagen, was passiert. Nächtliche Schreie und intensives Zittern gehören dazu. Meist ist es ungefährlich, gibt aber Orientierung, Nähe und Ruhe.
Mehr dazu in meinem Blogartikel zum Nachtschreck.
Warum wir über Träume reden sollten – auch wenn sie unsichtbar sind
Auch wenn dein Kind nicht immer erzählen kann, was es geträumt hat: Träume helfen, Erlebtes zu ordnen. Sie spiegeln manchmal Ängste, Wünsche oder Konflikte.
Ein entspannter Umgang mit Träumen – ohne jedes Detail zu deuten – hilft Kindern, keine Angst vor ihren Gedanken zu entwickeln. Stattdessen lernen sie: Ich darf über alles reden. Auch, wenn es nur ein Traum war.
Literatur & Studien
- Heraghty, J. L. et al. (2008): Sleep and Circadian Rhythm Development in Infancy.
- Foulkes, D. (1999): Children’s Dreaming and the Development of Consciousness.
- Scher, A. (2001): Infant sleep at 10 months of age as a window to cognitive development.
- Markus, A. et al. (2022): Development of Dreaming: A Lifespan Perspective.
- Nir, Y. & Tononi, G. (2010): Dreaming and the brain: from phenomenology to neurophysiology.