die gefürchtete Schlafassoziation
Wer kennt sie nicht: die böse Schlafassoziation. Kein Wunder, dass dein Baby nicht durchschläft (immer noch nicht!). Und wenn du auch noch stillst – dann kann es das ja niemals selbstständig lernen, oder?
Stop. Einmal tief durchatmen.
Das ist natürlich Quatsch. Genauso wie die Vorstellung, dass Schlafassoziationen per se problematisch seien.
Also, fangen wir nochmal von vorne an:

Was ist eine Schlafassoziation eigentlich?
Beim Artgerecht-Projekt nennen wir sie lieber Schlafbrücke – das klingt schon gleich viel netter, oder? Und im Grunde ist sie nichts anderes als eine Gewohnheit oder ein Gefühl von Sicherheit, das dein Baby braucht, um in den Schlaf zu finden.
Überraschung: Auch du hast Schlafassoziationen!
Vielleicht brauchst du dein Lieblingskissen, das Fenster einen Spalt offen, das leise Brummen deiner Einschlaf-Playlist. Diese Dinge sind für dich völlig selbstverständlich – so selbstverständlich, dass du sie gar nicht mehr bewusst wahrnimmst. Aber für dein Gehirn sind sie der Startschuss für: Ab ins Traumland!
Sind Schlafbrücken schlecht?
Nö. Nur wenn sie dich stören.
Du hüpfst jeden Abend auf dem Pezziball, weil das einfach wunderbar funktioniert? Go for it!
Dein Baby zwirbelt dir nachts die Haare? Wenn du’s okay findest – lass es wuscheln!
Einer meiner wichtigsten Grundsätze in der Beratung lautet:
„Ich repariere nichts, was nicht kaputt ist.“
Heißt konkret: Schlafbrücken verändern wir nur dann, wenn sie für euch als Familie zum Problem werden. Nicht, weil irgendein schlauer Ratgeber das so sagt oder Tante Gerda meint, das Kind müsse endlich alleine lernen, einzuschlafen.
Welche Schlafbrücken gibt es?
Oh, eine ganze Menge! Hier kommt eine kleine – nicht vollständige – Hitliste:
- Pezziball (unangefochtener Klassiker)
- Einschlafstillen (evolutionär top – dazu gleich mehr)
- Tragehilfe oder einfach Arme
- Federwiege (teuer – nicht immer sinnvoll, dazu bald mal mehr)
- Summen, Singen, „Shhh Shhh“-Geräusche
- Sanftes Klopfen oder Streicheln
- Haare zwirbeln, Dekolleté streicheln oder sogar zwicken (aua!)
- Kinderwagen, Auto, Schaukel …
Kurz gesagt: Alles, was deinem Baby hilft, runterzufahren und in den Schlaf zu gleiten, ist eine potenzielle Schlafbrücke. Und das ist völlig okay.
Wie ändere ich eine Schlafbrücke?
Dann bitte: langsam und in kleinen Schritten.
Babys (und auch Kleinkinder) brauchen Zeit, um neue Wege zu lernen. Besonders beim Schlafen – einem Zustand, in dem sie sich völlig fallen lassen müssen. Veränderungen rund um Einschlafgewohnheiten sollten also liebevoll und allmählich erfolgen.
Wichtig zu wissen:
Eine neue Methode muss nicht sofort super laufen.
Manchmal fühlt sich die Veränderung erstmal genauso anstrengend an wie das Alte. Das ist total okay! Es geht nicht darum, sofort das perfekte Ergebnis zu erreichen, sondern überhaupt mal zu sehen: Hey, es geht auch anders! Und genau das ist oft schon der erste wichtige Schritt in die richtige Richtung.
Ist Einschlafstillen eine schlechte Angewohnheit?
Ganz klar: Nein.
Aus biologischer Sicht ist das die sinnvollste Einschlafhilfe überhaupt.
Stillen bedeutet: Nähe, Wärme, Sättigung, Geborgenheit – alles gleichzeitig. Für das kleine Gehirn ein echtes Wellnesspaket.
Auch Studien zeigen, dass Stillen schlaffördernd wirkt – bei Mama und Baby. Das Hormon Prolaktin, das beim Stillen ausgeschüttet wird, hat eine beruhigende Wirkung und hilft beim Einschlafen.
Wenn das Stillen für euch beide passt: Behaltet es bei.
Wenn du es verändern willst: Dann schauen wir gemeinsam, wie das sanft gehen kann.
Fazit:
Schlafassoziationen sind nicht dein Feind. Sie sind Werkzeuge, Rituale, kleine Brücken ins Traumland. Und wie bei jeder Brücke: Solange sie trägt – geh ruhig drüber.
Du musst das nicht alleine lösen

Wenn du merkst, dass sich bei euch gerade alles ums Einschlafen oder nächtliches Aufwachen dreht – ich unterstütze dich gern in einem 1:1-Setting.
In meiner Beratung schauen wir gemeinsam, was euch hilft – ohne Druck, ohne Standardlösungen, dafür mit wissenschaftlichem Hintergrund und viel Feingefühl für eure individuelle Familiensituation.
📩 Melde dich einfach bei mir – ich freu mich auf euch!
Literatur:
Ball, H. L. (2003). Breastfeeding, bed-sharing, and infant sleep. Birth, 30(3), 181–188.
→ Zeigt, wie Stillen und Nähe sich positiv auf den kindlichen Schlaf und die elterliche Schlafqualität auswirken.
Volpe, L. E., Ball, H. L., & McKenna, J. J. (2013). Nighttime parenting strategies and sleep-related risks to infants. Social Science & Medicine, 79, 92–100.
→ Untersucht elterliche Strategien beim nächtlichen Umgang mit Babys und betont, wie sehr kulturelle Vorstellungen elterliches Verhalten beeinflussen.
Messmer, R., & Keller, H. (2008). Attachment and infant sleep: Cultural perspectives. Early Human Development, 84(10), 753–761.
→ Erläutert, wie Bindung und Einschlafverhalten je nach Kultur unterschiedlich bewertet werden – und dass es kein universelles „richtig“ gibt.
Douglas, P., & Hill, P. (2013). Behavioral sleep interventions in the first six months of life do not improve outcomes for mothers or infants. Journal of Developmental & Behavioral Pediatrics, 34(7), 497–507.
→ Zeigt, dass frühe Schlaftrainingsmethoden nicht langfristig hilfreich oder notwendig sind.