Zwischen Bomben und Babybett. Die Welt brennt und ich gebe trotzdem nicht auf
Ich habe gestern ein Reel gesehen, das mich nicht mehr loslässt. Ein palästinensischer Vater, der sein Kind zu beruhigen versucht, während im Hintergrund Bomben einschlagen. Eine Frau schreit. Ein zweites Kind steht daneben – ein bisschen gefasster, aber als die nächste Detonation näher kommt, sieht man es in den Augen: pure Todesangst.
Und ich dachte nur: Das könnte auch hier sein.

Es ist nicht weit weg. Die Ukraine ist ein paar Flugstunden entfernt. Was Russland sich erlaubt, ist ein Wahnsinn. In den USA wird Trump wieder salonfähig, obwohl er gezielt gegen Demokratie und Menschlichkeit arbeitet. Ich bin hier Laie, aber ich frage mich schon, warum tut dort niemand was?! Ohne Zustimmung des Kongresses dürfte nichtmal der Präsident ein anderes Land angreifen. Letzte Woche hat er den Iran bombardiert – warum schimpft er sich noch Präsident?
Und hier, in Österreich, feiern rechte Parteien Erfolge, indem sie auf die Schwächsten einschlagen: Geflüchtete, trans Menschen, Alleinerziehende. Und viele klatschen auch noch. Wirklich, liebe Leute? Stell dir vor, es ist dein Kind, das mit sich ringt, ob es dir erzählen soll, dass es trans ist. Möchten wir, dass unsere Kinder wissen „zu Mama und Papa kann ich immer kommen, ich kann ihnen alles anvertrauen“ oder möchten wir eine Generation die sich (wieder) schämen muss, so zu sein wie ist nunmal ist. Ich such mir doch nicht aus, dass ich schwul bin / mich im falschen Körper fühle / getrennt lebe, …!
Was hast du erlebt, dass dich so blind werden lässt gegenüber den Gefühlen von anderen? Welche Werte möchtest du deinen Kindern mitgeben?
💥 Ohnmacht, Wut und das Gefühl: „Ich muss trotzdem was tun!“
Ich war politisch aktiv. Bin es irgendwie noch – innerlich. Aber die klassische Parteiarbeit kostet Kraft, Nerven, Zeit. Und manchmal hat man das Gefühl, man redet gegen eine Wand. In Pettenbach sind wir von der SPÖ eine Minderheit. Die FPÖ hat Zulauf – und wir stehen oft machtlos daneben. Ich höre die Leute am Stammtisch, ich höre, was täglich „unter uns“ gesprochen wird. Und ich sehe auch, was du auf Hochglanzbildern siehst und was aber kurz vor dem Foto wirklich passiert ist.
Aber ich kann nicht einfach aufhören. Nicht ganz. Weil ich jeden Tag spüre: Das Private ist politisch. Meine Arbeit mit Eltern ist politisch. Wenn ich mit Müttern spreche, wenn ich Vätern den Spiegel vorhalte, wenn ich sage: „Das ist nicht deine Schuld – das ist das System“, dann ist das Teil des Widerstands. Das stimmt auch, aber wir dürfen nicht vergessen: WIR sind Teil des Systems. Wir können es ändern. Vielleicht nicht heute und ganz sicher nicht allein. Aber wir können es ändern.
Ich höre oft: „Aber viele wollen doch diese klassische Rollenverteilung – der Mann arbeitet, die Frau ist daheim.“ Ja. Dürfen sie. Aber sie sollen bitte wissen, worauf sie sich einlassen: Altersarmut. Abhängigkeit. Dauerbelastung. Mental Load, der komplett auf ihren Schultern liegt. Und ein Mann, der „mithilft“, statt zu begreifen, dass er genauso verantwortlich ist – für Haushalt, Kinder, Care.
Warum Elternarbeit politisch ist und bleiben wird
Diese strukturellen Ungleichheiten sind nicht nur ein feministisches Problem. Sie sind ein gesellschaftliches. Und sie hängen zusammen mit dem großen Ganzen. Mit Krieg. Mit Ausbeutung. Mit Machtmissbrauch. Mit dem, was Kinder jeden Tag lernen oder eben nicht lernen: Wer darf laut sein? Wer muss sich anpassen? Wem wird zugehört? Wer wird kleingemacht?
Deswegen arbeite ich so, wie ich arbeite. Deswegen ist mir Augenhöhe so wichtig. Deswegen will ich starke Kinder – die wissen, was fair ist. Die den Mund aufmachen, wenn etwas nicht stimmt. Die nicht wegschauen, wenn jemand leidet.
Ich weiß nicht, ob man den Bogen von Gaza bis zum Kinderzimmer schlagen kann. Aber ich tue es trotzdem. Weil ich glaube, dass Veränderung da beginnt, wo wir leben. Lieben. Streiten. Erziehen.
Und ich höre nicht auf. Auch wenn es manchmal zum Verzweifeln ist.
